DOPPELPUNKT Dezember 2020

Es ist so weit. Der Ofen ist angeheitzt, die Maische eingefüllt. Jetzt muss nur mehr der Deckel aufgesetzt werden. Eine Prozedur, die sich in den Tagen des Schnapsbrennens x-Mal wiederholt. Dazu muss zwischen Raubrand und Feinbrand der Kessel penibel geputzt werden. ter, hat aber noch nicht Zeit dafür. Am Hof gibt es in diesen Tagen noch zu viele andere Arbeiten. Und zum Schnapsbrennen, da muss er Zeit haben, der „Fuchs in Stock“, in Sommerholz, hoch über dem Irrsee mit einem herrlichen Blick ins Mond- seeland bis hinein ins Dach- steinmassiv. Von Rupert LENZENWEGER Schnapsbrennen, das ist die große Leidenschaft des Franz Loibichler. „Die einen gehen jagern, ich verbringe meine Freizeit lieber beim Schnaps- kessel. Das ist halt mein Hob- by“, lacht der Franz und freut sich schon auf den Dezember. Da hat er Zeit zum Schnaps- brennen und verbringt vie- le Tage in der Scheune vor dem großen Kessel. Oft zum Leidwesen seiner Frau Kathi, weil: „Wenn der Franz beim Schnapsbrennen ist, brauchst mit dem Essen nicht auf ihn zu warten.“ Kein Wunder. Der Kessel bedarf ständiger Beobachtung. Nur dann be- kommst auch einen Schnaps der Extraklasse. Die Tem- peratur muss stimmen. Die Maische sowieso, eh klar. Du musst auf den Vorlauf aufpas- sen, aber auch auf den Nach- lauf. Dazu musst immer den Gradmesser im Auge haben und zwischendurch musst auch wieder Holz ins Feuer schieben. Dazwischen müs- sen die schweren Fässer mit der Maische geschleppt und der Arbeitsplatz gereinigt werden. Auch wenn´s für den Franz ein Hobby ist. Tatsäch- lich ist Schnapsbrennen eine harte Arbeit. Bei den Loibichlers wird seit mehr als 70 Jahren Schnaps gebrannt. Das be- weist auch die alte Geräte- beschreibung aus dem Jahr 1948, die der Franz noch immer hat. Darin ist genau die Größe des Kessels fest- gehalten, mit dem sein Opa mit dem Schnapsbrennen be- gonnen hat. Der Kessel hatte einen Durchmesser von 44 und eine Gesamttiefe von 60 Zentimeter. Seit zwanzig Jahren hat der Franz einen neuen Kes- sel. Ein bisserl größer als der vom Opa. Aber gebrannt wird noch immer mit dem Wissen, das der Opa an den Enkel weitergegeben hat. Weil für den Opa gab´s im Winter auch keine schönere Arbeit als das Schnaps- brennen. Und der Opa hat dem vor 50 Jahren noch kleinen Franz so manchen wich- tigen Tipp mit- gegeben. Zum Beispiel: „Wennst rauschig bist, hör´ sofort auf zum Schnapsbrennen. Denn da machst mehr kaputt als du weiterbringst.“ Und damit wären wir auch schon bei dem Gerücht, dass die Schnaps- brenner oft rau- schig werden bei ihrer Arbeit. So wie die Wein- bauern im Keller. Was ist da dran? Dass ihm das nicht pas- siert, brennt der Franz nur bei offener Scheunentür. Für den Franz die Garantie dass er nüchtern bleibt, für die Nach- bar der sichere Hinweis, dass Niederschrift zur „Vermessungsverhand- lung der Brennblase aus dem Jahr 1948“.

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