DOPPELPUNKT Oktober 2020
Seite 22 Oktober 2020 Heute wird nix passieren. Davon war Gendarmerie-Pos- tenkommandant Karl Maurer überzeugt. Als er so da lag. Am Morgen, zwischen den letzten verwirrenden Träumen und den ersten kontrollierten Gedanken. Als Langschläfer kennst die- se schöne Phase. Frühaufsteher nicht. Die sind um diese Zeit längst aktiv. Radeln dem Sonnenaufgang entgegen, beispiels- weise. Oder machen Yoga am See, wälzen sich nackt im ersten Schnee oder warten auf einem Berggipfel sitzend einfach nur auf den Sonnenaufgang. Oder was weiß ich. Aber du verstehst schon, was ich meine. Oder? Also. Karl Maurer kein Frühaufsteher. Morgenmuffel bis spät in den Vormittag hinein. Und so hat er am Gendarmerieposten zunächst einmal alle E-Mails durchgesehen. Hat Angebote für die blauen Pillen, für Hallux-Schienen und Penisvergrößerun- gen aussortiert und in den Papierkorb geworfen. Und dann fest- gestellt, dass eh keine Nachrichten mehr übrig sind. Ein bisserl so ein Gerichtszeugs halt noch, routinemäßige Aussendungen vom Landeskommando, einige Hinweise von Bürgern. Auf zu laute Auto, auf verdreckte Straßenecken, auf defekte Ver- kehrsschilder oder bröckelnde Bankette. Man kann jetzt schon sagen, dass sich Maurers Aufgeregtheit nach dieser ersten Sich- tung neuester Meldungen ziemlich in Grenzen hielt. Und so dämmerte er dem Nachmittag entgegen. Bei Elfi Schreckenberger war da schon mehr los. Frühaufste- herin. Gezwungener Massen halt. Weil drei Kinder in der Schu- le. Alle müssen aus den Federn. Dass da keine Zeit bleibt, um lange den Träumen nachzuhängen, versteht jeder. Dann schnell die Stunden an der Diskonterkassa abarbeiten. Das ist oft der pure Stress. Wenn die alten Leute nach den kleinen Centstü- cken kramen um nach einer gefühlten Ewigkeit dann festzu- stellen, dass sie doch den großen Schein brauchen. Oder die, die von der anderen Seite zur Kassa kommen. Weil sie schnell etwas umtauschen wollen. Oder zurückgeben. Und das genau dann, wenn eine Alte Kleingeld sucht, hinten jemand „neue Kassa aufmachen schreit“ und dir die Filialleiterin über dem Knopf im Ohr direkt ins Hirn brüllt, dass jetzt wieder Bananen da sind. Wenn ich dir jetzt sage, dass Elfi Schreckenberger nach so einem Vormittag der Schädel brummt, wird dich das nicht wundern. Oder? Heute hat der Elfi auch der Schädel gebrummt. Und trotz- dem war sie bester Laune. Zauberwort: Tupperparty. Mehr sag ich jetzt gar nicht, weil eh jeder Bescheid weiß. Das sind diese Veranstaltungen, bei denen sich Frauen kichernd die neuesten Plastiksachen für die Küche zeigen wie: Gurkenkerneentferner, Kirschstengelpinzette, Thunfischölablaufsieb, Knödelbrotpres- se oder kleine Doserl in denen du beispielsweise Mandarinen- kerne so lange aufheben kannst, bis dir irgendwann einfällt, wozu diese Kerne gut sein könnten. Frauen lieben diese Dinge und kaufen auf diesen Partys wie wild ein um viele Plastikteile dann nach der Lieferung – die auch wieder ein großes Erleb- nis ist – gar nie auszupacken. Weil im täglichen Haushalt läuft halt doch vieles anders ab als auf einer Party. Und dann ist es ja auch so, dass du immer die Dinge nicht bei der Hand hast, die du gerade brauchen würdest. Und so findest du genau in dem Moment das neue Thunfischölablaufsieb nicht, in denen die ersten Tropfen Öl aus der halboffenen Dose genau auf dein Hemd spritzen. Aber bevor ich mich jetzt ganz verrenn. Zurück zu Elfi Schreckenberger und ihrer Vorfreude auf die nachmittägliche Tupperparty bei ihrer Freundin Burgi Müller, mit lauter netten Mädels aus dem Bekanntenkreis. Und weil wir schon alle ein- mal auf einer Tupperparty waren brauch ich jetzt nicht extra zu erzählen, dass da auch ein bisserl Alkohol immer im Spiel ist. Natürlich auch bei Elfi, Burgi und dem anderen Dutzend netter Damen. Damit Du jetzt bei dieser Geschichte nicht ganz den Faden verlierst, muss ich der Vollständigkeit halber noch ein paar Kleinigkeiten erwähnen. Das kann ich ganz kurz machen. Also, hör zu: Bei der Tupperparty gab´s von Burgi selbst an- gesetzte Früchtebowle. Und einige Frauen haben ihre Kinder mitgebracht. So, ich glaube, jetzt weißt Du alles, was noch ir-
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