DOPPELPUNKT Oktober 2022
Während im Osten unzählig viele Alleen die Straßen säu- men, fehlen diese im Westen fast völlig. Entlang der Straßen immer wieder graue finstere Zeugen einer grauen finsteren Zeit, als man für eine Deutsch- land-Reise noch ein Visum brauchte und Menschen aus dem Osten Deutschlands, wenn überhaupt einen Pass der DDR hatten und ohnehin nicht reisen durften. Hier ein Wachturm, dort ein Grenz- balken, unglaublich, unvor- stellbar. Wir haben definitv noch zu wenig Meer gesehen. Die Nordsee ist unser nächstes Ziel. Sylt wollen wir uns in mehrfacher Hinsicht sparen, doch ein bisschen weiter süd- lich liegen die Hallig-Inseln und die wollte ich mir schon immer einmal ansehen. Auf dem Weg dorthin irgendwo ein Schild: „Flohmarkt“. Da müssen wir Halt machen. Wir haben wieder dazu ge- lernt. Ein Flohmarkt in ei- nem friesischen Dorf ist ein gesellschaftliches Ereignis. Das ganze Dorf ist Marktflä- che. Jeder, der will, hat seine Hauseinfahrt mit Verkaufs- ware geschmückt und man bummelt durch das typische Friesendorf und kann auch mal ein bisschen „schnaken“. O-Ton eines Verkäufers: „Al- so, det ihr tatsächlich von Österreich gekommen seid, um zu unserem Flohmarkt zu kommen, ist schon doll.“ Der Campingplatz in Dage- büll hat wenig vom Charme des Ostsee-Campingplatzes, aber als Ausgangspunkt für einen Ausflug auf die Nord- seeinsel Föhr ist er brauch- bar. An der Nordsee fährt man Rad. Es gibt Dämme und Deiche, Schafe und das Wat- tenmeer und den Klang un- zähliger Vögel, die sich dort tummeln. Man grüßt sich mit „Moin, moin“, auch wenn es schon abends ist. Die ideale Bekleidung ist ein Friesen- nerz, also eine Regenjacke. Auch in dieser Ecke Deutschlands, Nordfriesland, sollte man als Tourist gebucht haben, sonst könnte die Quar- tiersuche dauern. Wir wenden uns langsam wieder Richtung Süden und entscheiden uns für Husum als nächstes Ziel. Wer Cam- ping De Luxe erleben will und/oder Kinder hat, sollte unbedingt den Campingplatz „Nordseecamping Seehund“ besuchen. Er liegt zwar nicht direkt am Meer, sondern an einer Salzwiese, die irgendwo dann ins Watt und ins Meer übergeht, hat aber immerhin einen kleinen Badeplatz und einen größeren Badeteich, Sauna und wunderschöne Sonnenuntergänge zu bieten. Die Hafenstadt Husum ist gemütlich und hat richtig Nordseeflair. Einmal wol- len wir aber noch so richtig Nordseesandstrand mit Dü- nen erleben, bevor wir uns auf die Heimreise machen. Hier wählen wir, weil der Na- me so interessant klingt, St. Peter-Ording aus. Wer glaubt, Hallstatt, Jesolo oder die Ge- auf jeden Fall einen Stopp wert und beeindruckt mit Burganlage und Fachwerk und gemütlichen Lokalen. Der letzte kleine Reiseab- schnitt ist jener, der dann mit den meisten Staus aufwartet, so freuen wir uns schließlich wirklich, als wir nach gut 3000 Kilometern wieder hei- mische Gefilde erreichen. Fazit: es tut gut, einmal ein- fach drauf los zu fahren und sich treiben zu lassen. Einen Reiseführer braucht man dazu nicht unbedingt, einen Cam- pingführer schon. Spaziergang am seichten Strand von Beckerwitz. Die 68 Meter hohe Elstertalbrücke bei Jocketa. Hier wurden Millionen Ziegelsteine verbaut. FAHRTWIND treidegasse wären touristische Hotspots, der irrt. Schleusen- förmig führt ein schmaler Weg nach einem Kassenhaus durch die Dünen zum sicher- lich wunderschönen Sand- strand. Vor der Kasse ist das touristische Jet-Set zuhause. Wahre Menschenmassen, Luxusbars und Hotels, über- füllte Gehwege und knappe Parkflächen zu „großzügigen Preisen“ lassen uns rasch den Rückzug antreten. Wir beginnen die Heim- reise Richtung Hannover via Hamburg, um wenigstens ei- nen Blick auf die Hansestadt zu werfen. Ein weiterer Inter- nettipp wird umgesetzt: Bei Ikea in Hamburg-Altona auf dem vierten Parkdeck solle man einen traumhaften Blick über die Innenstadt haben. Ein bisschen verrückt darf es schon sein, also geht es früh- morgens quer durch die ver- kehrsreiche Innenstadt, um dann ein versperrtes Park- deck vorzufinden. Der kleine Abstecher in die Kultstadt hat uns immerhin eine aufregen- de Stadtrundfahrt inklusive St. Pauli und Co beschert. Von Hannover fahren wir schließlich nach Nürnberg, also wieder südlich des Weiß- wurstäquators. Die Stadt ist
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