VOLLMOND 1-2018
Februar 2018 15 Aktuelles aus dem Mondseeland SAGE AUS DEM MONDSEELAND m Ende des Mittelalters lebte im Kloster Mondsee ein sehr gelehrter Mönch. Sein Name war Le onh a r d Schilling und er schrieb mit Gänsefeder und Tinte viele dicke Bücher. Bei seiner Arbeit wurde er immer wieder von einem bösen Klos- tergeist namens Poliel und sei- nen beiden Genossen Oli und Coli gestört. Der Mönch konnte den Geist sogar sehen. Manch- mal erschien er ihm als ein kleines, schwarzes Männlein mit einer Hellebarde, ein ande- res Mal saß Poliel als alte Frau auf einem Kasten und bewarf ihn mit Kot. Manchmal sprach der Geist mit dem Mönch und erzählte ihm, dass er schon 123 Jahre lang im Schloss sein Unwesen treibe. Poliel war ein richtiger Poltergeist, er ärger- te den armen Leonhard aufs Äußerste. Er bespritze ihn mit kaltem Wasser und warf mit Steinen und Hölzern nach ihm. Besonders ärgerlich für den Mönch war es, wenn der Geist gerade geschriebene Briefe ze- riss oder ihm Bücher wegnahm. Poliel verhöhnte und verspot- tete auch die Schreibkunst des Mönchs und heftete Zettel mit Schmipfwörtern an die Zellen- türe. Diese Verfolgung dauerte lange an. Durch die Gebete der Mitbrüder und des Abtes soll der Geist dann verschwunden sein. Infos zur Sage Leonhard Schilling wurde im März 1474 als Sohn eines Kü- fermeisters zu Hallstatt gebo- ren. Er trat im September 1495 ins Kloster Mondsee ein, fei- erte im April 1498 in St. Wolf- gang seine Primiz und blieb bis an sein Lebensende im Kloster Mondsee. Als fleißiger Schrei- ber setzte er sich ein Denkmal in der Reihe der gelehrtesten Mönche von Mondsee. Kaiser Maximilian soll im sogar ein Bistum versprochen haben, auf das Schilling jedoch verzichte- te. Dieser noch im mittelalterli- chen Denken verhaftete Mönch wurde, wie er selbst wiederholt berichtete, von einem bösen Geist namens Poliel und seinen zwei Genossen Oli und Co- li heimgesucht. Hinter diesen von Schilling genau beschrie- benen Klosterteufeln standen vermutlich Neckereien seiner Klosterbrüder und Schüler. Im Museum sind im ehemaligen Betchor der Mönche auf gro- ßen Lichtbildern einige Seiten aus Büchern von Leonhard Schilling abgebildet. Auf einer dieser Seiten hat er auch den Klostergeist gezeichnet. Sagenquelle aus dem Buch: Wundersames Mondseeland. Sagen, Legenden, Erzählungen für Kinder und Erwachsene. Gesammelt und neu erzählt von Anton Reisinger, illustriert von Agneta Gräfin von Almei- da, Verlag omnipublica, ISBN- 10: 3-9502162-4-3, Euro 14,00 Verkauf: Museum Mondseeland, neben der Basi- lika.
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