VOLLMOND 1-2018

Teuer ist Montenegro nicht. Der Kaffee kostet 60 Cent, die halbe Bier gibt´s um zwei Euro und wem nach feins- tem Pfeffersteak mit allen er- denklichen Beilagen ist, dem werden maximal zwölf Euro abgenommen. Wohlgemerkt: Das gilt nur für das Landes- innere. Die Küstenregion hat sich längst unserem Preisni- veau angepasst. Für unsere Fahrt vom Osten des Landes an die Küste ha- ben wir die M2 gewählt. Das ist eine von zwei Fernstraßen durchs Land und führt über eine weite Strecke direkt ent- lang des Moracas. Der ist in diesem Teil ein reißender Ge- birgsfluss, der sich im Laufe der Jahrmillionen ein tiefes Bett gegraben hat. In dieser Schlucht verläuft auch die Straße, die immer wieder atemberaubende Ausblicke erlaubt. Kurz vor der Haupt- stadt Podgorica verlassen wir die M2 und biegen nach Da- nilovgrad Richtung Norden ab. Wir nehmen bewusst die alte Bergstraße, die uns ein- spurig und nur durch rostige Leitschienen zum Abhang hin gesichert, zum Kloster Ortrog bringt. Das ist nicht nur eines der bedeutendsten Klöster der ganzen serbisch- orthodoxen Kirche, sondern vermutlich auch das häufigste Postkartenmotiv Montene- gros. Das Kloster wurde 1656 in eine riesige Felsnische am Abhang des Prekornica-Ge- birges gebaut und steht seit- her atemberaubend über der Landschaft. Wir erreichen das Kloster erst nach ein paar haarsträubenden Serpentinen und einem schweißtreibenden Fußmarsch bei über 40 Grad im Schatten. Diese Quälerei tun sich täglich auch tausen- de Gläubige an, um sich dann in eine endlose Menschen- reihe einzureihen. Auch wir haben uns angestellt. Einfach weil wir wissen wollten, was uns am Ende der Menschen- schlange erwartet. Gut eine Stunde und hunderte Schritte später erreichten wir das Ziel, das sich als kleine Höhle ent- puppte, in die immer nur ganz wenige Personen gelassen wurden. Darin befinden sich in einem Sarg die Gebeine von Klostergründer Vasillie Jovanovic, bewacht von ei- nem alten Mönch, der den Gläubigen ein großes Kreuz zum Küssen entgegen hält. Dann wird auch noch der Sarg geküsst und schließlich der Geldbeutel gezückt. Auf die Küsserei haben wir ver- zichtet, einen Fünfer haben wir aber schon dort gelassen. In Montenegro wird mit Eu- ro bezahlt, obwohl das Land nicht der EU angehört. „Das geht deshalb, weil wir darauf verzichten, eigene Münzen zu prägen. Für uns ist es aber die beste Lösung“, erklärt mir am Abend Dimit Racic, bei dem wir in Ulcinj um ein Nacht- quartier angeklopft haben. Noch bevor er uns das Zim- mer zeigte, mussten wir mit unseren Motorrädern für ein Foto parat stehen. „Das Bild schicke ich dann gleich mei- nem Sohn. Der lebt in Ame- rika und ist ein großer Mo- torradfan. Und der soll ruhig sehen, dass auch zu seinem alten Vater Motorradfahrer Filigrane Fischerhütten in Ulcinj, die nur einmal im Jahr gebraucht werden. Nämlich im Frühjahr, wenn das Schmelz- wasser aus den albanischen Bergen den Fluss Bojana so hoch anschwellen lässt, dass sich für einige Tage die Fließrichtung ändert. Damit werden viele Fische angespült. Die Fischer hän- gen dann einfach nur die Netze ins Wasser und fette Fänge sind ihnen so garantiert. Durch den Qualm musst durch. Immer wieder sind wir hoch im Gebirge auf Buschbrände getroffen. Ob gelegt oder Selbstentzün- dung? Wir wissen es nicht. So wie überall an der Adria: Strandtreiben am „Europastrand“ bei Ulcinj. Die Halbinsel St. Stefan kurz vor dem Touristenzentrum Budva. Bis vor 200 Jahre hatte die nur 1,6 Hektar große Insel keine Verbindung mit dem Land und war nur von Fischern bewohnt. Heute gehören alle Gebäude zu einem Nobelhotel, in dem schon Silvester Stallone, Claudia Schiffer, Sophia Loren oder Helmut Kohl gewohnt haben. kommen“, lachte Racic. Tatsächlich bist als Mo- torradler in Montenegro ein Exot. Rollerfahrer gibt´s in den größeren Städten. Aber Motorräder? Eher selten. Und wenn, dann tragen sie Num- merntaferl aus Italien oder Polen. Aber Motorradfahrer sind gerne gesehen. Am Stra- ßenrand winken dir die Kin- der und Frauen zu, aus den Autos grüßen die Männer mit dem Daumen nach oben. Um schon bei der nächsten Kurve alle Freundlichkeiten zu ver- gessen und dir den Weg abzu- schneiden. Oft hilft dann nur mehr eine Notbremsung. Au- tofahrer in Montenegro sind sowieso ein eigenes Kapitel und unsere Erfahrungen kann

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