VOLLMOND 2-2019

Mai 2019 SAGE AUS DEM MONDSEELAND wischen 1800 und 1809 waren mehrmals fran- zösische Trup- pen im Mond- seeland. Die Leute hatten große Angst vor den fremden Soldaten und sie mussten Nah- rungsmittel oder Zugtiere her- geben und auch die Soldaten in ihren Häusern schlafen lassen. Früher wussten manche Men- schen noch Geschichten aus diesen schweren Zeiten, die ihnen alte Menschen erzählt hatten. So auch die Frau Kreuz- berger aus Mondsee, von der diese Geschichten stammen: l Es flüchteten auch viele Be- wohner in das Schober- und Schafberggebiet. Mein Urgroß- vater von der Ledererbehau- sung an der Ach 74 flüchtete auch. Seine Frau mit Magd und altem Knecht blieben im Hause. Als die Magd den ein- quartierten Franzosen in einer Schüssel das Essen auf den Tisch stellte, muss es ihnen zu wenig gut gewesen sein. Sie packten die Schüssel und war- fen sie nach der Magd. Meine Urgroßmutter, die Lackerbäu- rin, holte sich aus dem Stall einen Ochsenziemer und jagte die Franzosen hinaus – und nichts haben sie ihr getan. Ein Franzosensäbel (Offiziersde- gen) ist seitdem noch im Haus. l In einem Bauernhaus, ich glaube beim Breitenthaler, hat- ten die Leute große Angst vor den Franzosen. Sie hatten einen Knecht, der so schlecht aussah wie der Tod. Da richteten sie im Vorhaus eine Aufbahrung her, wie für einen Verstorbenen und der Knecht musste sich hinauflegen. Wirklich kamen die Franzosen. Als sie aber die Haustüre aufmachten und den vermeintlich Toten liegen sahen, riefen sie entsetzt: „O mordio! O mordio!“, schlugen die Haustüre zu und kamen nicht wieder. l Beim Mitterbauer am Gais- berg soll die Bäurin mit der Ofengabel einen Franzosen erstochen haben. In der Haus- kapelle heißt es am Muttergot- tesbild: Aus Dankbarkeit, in großer Bedrängnis... (was noch steht ist unleserlich) l Nach dem Abzug der Fran- zosen war nur noch ein Pferd in Mondsee. Das Mooshäusl (nach Schwarzindien) haben die Franzosen nicht gefunden, so viel Wald war noch herum. l Der Schmied in Oberwang besitzt ein kleines längliches Blechstück aus dem die Buch- staben „N R“ herausgemeißelt sind. Dieses soll ein franzö- sischer Soldat angefertigt ha- ben und die Buchstaben sollen „Napoleon Rex“ (König Napo- leon) bedeuten. Die Schmiede wurde damals von den Bauern angezündet, weil der Schmied für die Franzosen gearbeitet hatte oder arbeiten musste. l 1809 wurde Napoleon zum ersten Mal bei Apsern besiegt. Zum Gedächtnis an diesen Sieg wurde vom damaligen Lehrer und Bader die alte Oberwan- gern Kirchenlinde gesetzt. Information zur Sage Im Museum Mondseeland befindet sich ein blaues Sol- datenleibl, zurückgelassen von einem französischen Soldaten im Fischenhaus, ferner Waffen aus der Franzosenzeit und ein „Franzoseneisl“ (Hufeisen von einem Pferd der französischen Truppen) Sagenquelle aus dem Buch: Wundersames Mondseeland. Sagen, Legenden, Erzählungen für Kinder und Erwachsene. Gesammelt und neu erzählt von Anton Reisinger, illustriert von Agneta Gräfin von Almeida, Verlag omnipublica, ISBN-10: 3-9502162-4-3, Euro 14,00 Verkauf: in allen drei Mondseer Museen und unter info@museummondsee.at

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