VOLLMOND 2-2022
10 VOLLMOND 2/2022 AKTUELLES aus dem Mondseeland N eulich war ein ganz besonderer Abend für mich. Ich bin mit gut einem halben Dutzend Goldmedaillen- gewinnern an einem Tisch gesessen. Wenn Sie jetzt viel- leicht spontan vermuten, dass das eventuell etwas mit den Paralympics in China zu tun haben könnte, dann irren Sie sich. Mein Treffen mit den Goldgewinnern war nicht in Tokio, sondern in Oberhofen. Und dabei ging es auch nicht um sportliche Höchst- leistungen, sondern um den puren Genuss. Denn gesucht wurden die besten Moste des Mondseelandes und weit darüber hinaus. Kurzum: Beim Troadkastn war Most- olympiade und den Juroren wurden mehr als 70 Moste kredenzt. 51 erreichten eine der begehrten Medaillen in Edelmetall, 16 davon glänz- ten in Gold. Darunter auch die Medaille von Karl Feich- tenschlager, der sich mit 126 von 128 möglichen Punkten hauchdünn den Sieg sicher- te. Feichtenschlager ist ein „gstandener“ Innviertler aus „Saiga Hans“ und macht sich seit vielen Jahren den Most selbst. Den braucht er vor al- lem imAdvent, wenn er seine Christbäume verkauft und da- zu Glühmost anbietet. Rund 700 Liter gehen so jährlich weg, die restlichen 300 Liter werden das Jahr über getrun- ken, oder eben bei Mostpro- ben eingereicht. Dabei muss jeder Teilnehmer zwei Liter in einer weißen Dopplerflasche abliefern. Der Most muss un- behandelt sein. Zusätzlichen Zucker schmecken die Juro- ren sofort und betrachten das fast als eine persönliche Be- leidigung. Derartige Tricks haben die Goldmedaillengewinner aber allesamt nicht nötig. Denn je- der von ihnen hat ein ganz per- sönliches Geheimrezept für einen ganz besonderen Most. Das beginnt bei der Auswahl des Obstes und reicht bis zum Keller. Der muss passen. Da sind sich alle Mostmacher einig. Passt der Keller nicht, wird auch der Most nix. Weni- ger einig sind sich die Moster dann schon bei den Fässern. Karl Feichtenschlager macht seinen Most in Holzfässern. Das ist über Jahre hinweg nicht so einfach, weil Holzfäs- ser brauchen viel Zuneigung. Und die muss von einem Fass- binder kommen. Aber wo gibt es heute noch Fassbinder? „Ich habe jetzt einen jungen Mann ausfindig gemacht, der dieses Handwerk wieder be- treibt“, freut sich Karl Feich- tenschlager und verrät augen- zwinkernd: „Richtig schlecht wird mein Most aber auch dann nicht, wenn er in Plastik- fässern gärt“. Rupert Lenzenweger Flüssiges Gold aus Äpfel und Birnen Bei der Mostolympiade in Oberhofen ging´s um Gold, Silber und Bronze So sehen Goldmedaillengewinner aus: Die besten Mostmacher wurden bei der Mostolympiade in Oberhofen gekürt. Bild: Rule Neutral verpackt, so werden die Moste bei der Oberhofener Mostolympiade im Troadkastn den Juroren serviert. Bild: Endesgrabner
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