VOLLMOND 6 - 2018

Dezember 2018 SAGE AUS DEM MONDSEELAND er und erzählte ihnen halt, wie er da in der Kapelle gegangen, und wie da, während er geigte und sang, der Schuh herabge- fallen sei. „Das Plunderet soll glauben, wer will“, er soll mit ihnen reisen. Da erkannte der alte Musikant, dass er nun ein- gesperrt werden sollte, und er klagte: „Jetzt han ich so un- schuldig in der Kapellen den Schuh zusammenklaubt“, tat recht jämmerlich und bat, ob ihm die Herren Landwächter nicht das verlauben, dass er noch zu dieser Kapelle ginge und ein wenig Musik mach- te. Sie hatten Mitleid mit dem Alten und vergönnten ihm das. Er ging hinein, die Landjäger blieben draußen und losten z eine Eicht, wie der dinnen fie- delte und sang. Endlich wur- de ihnen aber doch die Zeit lang, und sie riefen ihm zu, er sollt´aufhängen, „kein Schuh fällt dir eh nicht herab“ und hatten ein wenig ihr Gespött mit ihm. Der aber ließ sich´s nicht verdrießen, ließ sichs´s aber auch nicht wehren und musizierte und sagn, dass es eine Art hatte. Nun wurde es den zweien doch zu dumm und sie gingen auch hineine. Da stand der Spielmann, spielte auf seiner Fiedel und sang sei- ne frommen Lieder aus vollem Herzen und all seine Kraft und ließ sich nicht irremachen. Es dauerte nicht lang, so sprang auf einmal der goldene Schuh herab. Nun war das Paarl beinand´. Da erkannten die s war ein- mal ein alter Sp i e lma nn . Der reiste jahraus, jah- rein in der weiten Welt herum, geig- te und sang dazu überall, wo er hinkam und brachte sich so mühselig mit seinen Kreuzern fort. Da kam er halt auch ein- mal zu einer Kapelle, und weil er gerade voll guter Gedanken war, so ging er hinein und spiel- te und sang ein frommes Lied zu Gottes Ehr, so schön und gut er´s nur konnte. Und wie er so in Eifer und Andacht sein Liedl sang und die Saiten strich, fiel auf einmal ein goldener Schuh herab. „Wart“, sagte er zu sich selber, „den nimm ich mir mit, weil er so teuer und schön ist, der Schuh, und gar so schön fingizt; denn: ist die Gabe noch so klein, so muss man doch zufrieden sein.“ Er erkannte es aber nicht, dass er von Gold war, der Schuh. Und er zog weiter und kam zu einem Bau- ernhaus; ob er ihm den Schuh nicht abnehm´und geb´ ihm ein weniges dafür? „Nein, nein, mein Lieber“, dachte sich der Bauer, den Schuh hast du ge- stohlen, gelt, und ich wär´dir recht, dass ich dir´n abkaufte.“ „Das ist was Feines“, dachte er sich, denn soviel kannte er schon, das er nicht ledern war. „Geh damit in den Markt zu ei- nem Schuster, der nimmt dir´n schon, ich kann dir´n nicht ab- kaufen.“ Der Spielmann ging hin, sang und geigte und tat seinen Schuh heraus. Ob ihn der Meister nicht kaufen wolle. Auch dem kam die Sache nicht richtig vor und er sagte zu dem Alten: „Den Schuh kann ich nicht verarbeiten, das ist kein Leder.“ Gab ihm den Rat, zu einem Goldschmied zu gehen, nannte ihm einen und wies ihm den Weg hin, der würd´ ihm den Schuh schon abkaufen. Er fand auch hin, sang sein Lied und feilte dem Goldschmied den Schuh an. Der aber kann- te es geschwind, dass er von Gold sei. Ja, er kauf´ ihn, nur ein wenig warten soll´ er. Dann schickte er um die Landwäch- ter. Sie fragten wo er den Schuh gestohlen hat: „Unser lieber Herrgott im Himmel weiß, dass ich ihn nit gestohlen han“, sagt Landjäger, dass der Alte doch nicht gelogen hatte und ließen ihn seines Weges ziehen. Er aber nahm seine zwei Schuhe und ging wieder zurück zum Goldschmied. Der kaufte ihm alle beide ab, und so hatte der Spielmann nun auf einmal so viel Geld, dass er nicht mehr umherzureisen brauchte, und hat sich´s gut gehen lassen. Sagenquelle aus dem Buch: Wundersames Mondseeland. Sagen, Legenden, Erzählungen für Kinder und Erwachsene. Gesammelt und neu erzählt von Anton Reisinger, illustriert von Agneta Gräfin von Almeida, Verlag omnipublica, ISBN-10: 3-9502162-4-3, Euro 14,00 Verkauf: Museum Mondsee- land, neben der Basilika.

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