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2016

Sommer im Mondseeland

schon lange. Das Cornetto

auch. Obwohl, da haben die

Geschmacksrichtungen schon

oft gewechselt. Ich habe inzwi-

schen den Vorteil, dass mich

wirklich alle Leute kennen.

Die Kinder, weil ein Badetag

ohne Jolly nur eine halbe Sa-

che ist und die Älteren, weil

sie mich schon in ihrer Jugend

geschleckt haben.“

So wie ich. Damals haben Sie

zwei Schilling gekostet. Heu-

te muss ich bis zu 1,30 Euro

(17,80 Schilling) bezahlen.

Jolly:

„Na und? Ich bin jeden

Cent wert. Außerdem hinken

solche Vergleiche immer. Weil

jetzt sage ich Ihnen einmal et-

was. Wie ich 1967 zum ersten

Mal auf einer Eiskarte um zwei

Schilling zu finden war, da hat

die Halbe Bier 4,40 Schilling

(32 Cent) gekostet. Der Liter

Benzin war um 3,78 Schil-

ling (27 Cent) zu haben. Das

Kilo Brot hat 8 Schilling (58

Cent) gekostet und wer Heizöl

brauchte, musste 1,40 Schilling

(10 Cent) für den Liter bezah-

len. Und das alles bei einem

durchschnittlichen Monatslohn

von 2.352 Schilling (171 Euro).

So, jetzt kann sich jeder selbst

ein Bild davon machen, wie

der Preis für mich gestiegen

ist. Außerdem: Im Supermarkt

gibt´s mich in der Neunerpa-

ckung schon um 56 Cent pro

Stück.“

Sie sind zwar ein beliebter,

aber beileibe nicht der erste

Eislutscher in Österreich.

Jolly:

„Nein. Das erste Eis

am Stiel gab es in Wien 1927,

nachdem vier Jahre zuvor der

Amerikaner Harry Brust in

Ohio ein ähnliches Eis vorge-

stellt hat. Das waren gewis-

sermaßen meine Großeltern.

Meine Eltern waren dann der

Duo-Eislutscher Anfang der

Sechzigerjahre. Die waren

auch schon zweifärbig, aber

noch ohne Schokolade.“

Seither haben Sie viele ver-

schiedene Eissorten kommen

und gehen gesehen.

Jolly:

„Dutzende. Ich kann

mich noch gut an die Sechzi-

gerjahre erinnern. Da haben

die Kinder jedes Jahr der neuen

Eiskarte wie dem Christkind

entgegengefiebert und zu-

nächst alle neuen Sorten durch-

probiert um dann festzustellen,

dass halt ich immer noch das

beste Eis bin. Das klingt jetzt

überheblich. Ist aber so.“

Hat das vielleicht auch etwas

mit dem Preis zu tun? Weil so-

weit ich mich erinnern kann,

hat das Cornetto schon sechs

Schilling gekostet, als Sie im-

mer noch um zwei Schilling

zu haben waren. Genau die-

se zwei Schilling haben mir

meine Eltern ins Schwimm-

bad mitgegeben. Am Sonntag

gab´s dann hin und wieder

ein Cornetto.

Jolly:

„Bei Qualität spielt der

Preis keine Rolle. Wenn ich

nicht gut wäre, hätte ich mich

nicht fast 50 Jahre an der Spit-

ze der Eiskarten halten können.

Gehen Sie hinaus und fragen

Sie die Leute. Glauben Sie,

dass Sie jemand treffen, der das

Jolly-Eis nicht kennt? Mehr

sag´ ich jetzt gar nicht dazu.“

Glaubt man den Statistiken

und den Umfragen unter den

Eisliebhabern, dann erhalten

Sie mit Magnum und seinen

cremigen Kollegen eine im-

mer härtere Konkurrenz.

Jolly:

„Das lässt mich kalt. Im

wahrsten Sinne des Wortes. Das

Magnum wurde erst in den 90er

Jahren eingeführt und muss erst

einmal so alt werden, wie ich es

bin. Bis es so weit ist, werden

an mir noch abertausende Men-

schen ihre Freude haben und

mich mit Genuss schlecken.

Und dann schauen wir einmal

weiter. Und jetzt legen Sie mich

bitte wieder zurück in die Ge-

friertruhe. Mir wird schon un-

angenehm warm.“

Interview: Rupert Lenzenweger

Jolly?

Eine Eiskarte aus den 60er-Jahren:

Schon damals war das Jolly

ein Dauerbrenner.