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Februar 2017

KURZGESCHICHTE

Neulich habe ich den

Schrems bei einem Freund

getroffen. Wir haben ein bis-

serl auf Fasching gemacht.

Papierschlangen geworfen,

Konfetti gestreut und ein paar

Bier getrunken. Also ganz

harmlos. Da ist dem Schrems

plötzlich eine Geschichte ein-

gefallen.

Also, horch zu.

Es gab einmal Zeiten, wo

noch nicht so viele Frauen bei

der Polizei waren. Anders als

heutzutage, wo dich praktisch

bei jeder Verkehrskontrolle

eine Frau durch die herunter-

gekurbelte Seitenscheibe an-

lacht. Wo zarte Frauenhände

nach den speckigen Autopa-

pieren greifen und dich Grazi-

en ins Röhrl blasen lassen um

dazu verführerisch lispeln:

„Ist eh nur ein Vortest“.

Also in den Tagen, in denen

Polizistinnen noch so selten

waren wie Lottosechser, wur-

de ausgerechnet dem Posten

vom Schrems eine Polizei-

schülerin zugeteilt. Wenn ich

dir jetzt sage, dass das auch

bei den Kollegen für ziemlich

Aufregung gesorgt hat, dann

wird dich das nicht wundern.

Weil Polizist hin, Gendarm

her. Unter der Uniform ist der

Amtsträger halt auch nur ein

Mann. Und Mann und Frau.

Naja, eh schon wissen.

So haben alle am Posten

dem Tag mit der Neuen ent-

W

enn´s mir der

Karl Schrems

nicht persönlich

erzählte hätte,

ich würd´s nicht glauben. So

aber. Schrems schon eine ver-

lässliche Quelle. Und Übertrei-

bungen? Kennt der Schrems

nicht. Eher schon anders. Da

kann´s schon passieren, dass

der Schrems so manchen

Vorfall herunterspielt. Weil

du musst wissen: Der Karl

Schrems war bis zu seiner Pen-

sionierung Kommandant eines

Gendarmeriepostens im Mond-

seeland und hat als solcher viel

erlebt. Hin und wieder erzählt

er mir Geschichten aus seiner

aktiven Zeit als Gendarm. Der

hat Sachen erlebt, sag ich dir,

da kannst nur mehr staunen.

Von Josef R. GHEZZI

gesellen Faschingsfest. Lau-

te Musik und alkoholische

Getränke, Zigarren und jede

Menge gute Laune. Bis es an

der Türe läutet. Der Hausherr

macht auf und sieht ... die hüb-

sche Politesse vor sich. Ob es

einfach nur die ausgelassene

Stimmung war oder vielleicht

auch schon ein bisserl der Al-

kohol, traue ich mir jetzt nicht

zu sagen. Nur soviel. Der

Hausherr zog falsche Schlüs-

se. Und spätestens als die

hübsche Politesse kund tat,

dass sie da sei, um den jungen

Mann auf ein offenes Fenster

beim auf der anderen Straßen-

seite geparktenAuto aufmerk-

sam zu machen, gab es für den

feiernden Junggesellen keine

Zweifel mehr: „Komm her-

ein und zieh dich aus!“ Schon

war die junge Gesetzeshüte-

rin gefangen. In einer Höhle

mit lauter Musik und einem

Dutzend junger Männer. Von

denen jeder glaubte, dass der

andere es war, der eine Strip-

perin als Höhepunkt für die

Party bestellt hat.

Ganz genau kann sich der

Schrems jetzt auch nicht mehr

erinnern. Aber es hat doch

einige Zeit gedauert, bis die

junge Polizistin den Irrtum

aufklären konnte. Sie dürfte

es aber geschafft haben, noch

bevor ihr die Burschen die

Uniform vom Leib gerissen

haben. Weil

dass sie der Aufforde-

rung „auszie-

hen, aus-

z i ehen“

nicht

nachge-

kommen

ist, ver-

steht sich

eh von

selbst.

Obwohl,

tatsächlich

darauf

schwören,

will der Schrems

jetzt auch wieder nicht. Weil

auf dem Posten haben sich die

Gendarmen schon gewundert,

wo ihre neue Kollegin so lan-

ge bleibt. Daran kann sich der

Karl Schrems noch verlässlich

erinnern.

„Lange her die Sache“, lä-

chelte der Schrems nach dem

Erzählen der Geschichte in

sich hinein.

„Und die Polizeischülerin?“

will ich wissen.

„Ist irgendwann bei der Kri-

po in Linz gelandet. Oder in

Salzburg. Könnte aber jetzt

auch schon in Pension sein“,

weiß der Schrems.

Was aus den Junggesellen

geworden ist, ist natürlich

auch nicht überliefert. Aber

dass bis heute nicht alle daran

glauben, dass die Polizei tat-

sächlich wegen eines offenen

Autofensters kommt, scheint

mir jetzt auch nicht so an den

Haaren herbeigezogen. Auch

wenn´s der Schrems bei sei-

nem Augenlicht schwört.

g e g e ng e -

fiebert.

Da

waren dann

plötzlich alle

da. Auch die,

die eigentlich frei

hätten. Wie gesagt,

es waren halt noch andere

Zeiten. Und was soll ich dir

jetzt sagen. Kein einziger der

Gendarmen hat diesen Tag

bereut. Denn die Frau Inspek-

tor. Aber hallo. Gut gebaut,

sympatisches Lächeln. Kurz-

um: Innerhalb von Sekunden-

bruchteilen waren alle von der

neuen Kollegin verzaubert.

Bevor ich mich jetzt ganz

verzettel, erzähle ich dir, was

mir der Schrems berichtet hat.

Der kann sich nämlich noch

genau erinnern, dass sich an

diesem Tag eine Frau gemel-

det hat, um die Gendarmen

darauf aufmerksam zu ma-

chen, dass seit einigen Tagen

vor ihrem Haus einAuto steht.

Mit geöffneter Seitenscheibe.

Wennst jetzt glaubst, dass

das die Polizei nicht interes-

siert, dann liegst falsch. Im

Gegenteil. Weil alle der neu-

en Kollegin zeigen wollten,

wie so etwas geht, haben sie

innerhalb von ein paar Minu-

ten gewusst, wem das Auto

gehört. Lenkererhebung, oder

so ein Zeugs halt. Auch wo

der Mann wohnt, blieb nicht

lange ein Geheimnis. Und

schnell war auch beschlossen:

Das erledigt die Neue.

Wir wechseln den Schau-

platz und das verlangt jetzt

etwas Phantasie von dir. Weil

anstatt in einer muffigen Be-

amtenkanzlei sind wir jetzt

mitten drinnen in einem Jung-