
„Cocco bello“ ist Musik in meinen Ohren
Die Strandverkäufer mag ich. Ihr „Cocco bello“-Ruf ist Musik in meinen Ohren und ihre bunten Handtücher spielgeln für mich die Lebensfreude wider, die jeden überkommt, sobald er nur von Meer, Sand und Sonne umgeben ist. Bieten sie auch noch Armbänder an, werde ich regelmäßig schwach. Und so kann es schon passieren, dass ich von einem Strandurlaub mit bis zu zehn Bändern um mein linkes Handgelenk heimkomme. Jedes Band hübscher als das andere, natürlich von erlesener Qualität und eine Investition für´s restliche Leben. Verspricht zumindest der Strandverkäufer. Dass dem nicht so ist, weiß ich natürlich von Anfang an und so bin ich auch nicht besonders enttäuscht, wenn spätestens um Weihnachten auch das letzte Armband reißt oder schwer zerkratzt und damit so häßlich ist, dass ich mich gerne davon trenne. Dabei wurden mir beim Verkaufsgespräch zwischen den Dünen wenige Monate vorher im Urlaub echter Edelstahl, kratzfestes Silber oder steinharte Achate verprochen.
Aber das stört mich nicht. Das gehört zum Spiel wie das Handeln, bei dem natürlich immer ich der Verlierer bin. Weil „letzte Preis“ ist in Wirklichkeit noch immer ein gutes Geschäft für den Händler, der wahrscheinlich keine zehnköpfige Familie zu ernähren hat, wie er mir mit treuherzigem Blick erklären will. Ob er aus Pakistan kommt, ist genauso fraglich, wie dass sein Vater in Wien arbeitet und er Österreich als besonders „beautifull“ findet und die Menschen aus diesem Land die nobelsten auf der ganzen Erde sind. Das ist Verkauftstaktik und trotzdem will ich darauf hereinfallen, sobald ich das Armband, das zu diesem Zeitpunkt längst an meinem Handgelenk baumelt, um die Hälfte des Preises bekomme, den der Verkäufer als erstes Angebot in den Raum geworfen hat. Und weil es nie um große Summen geht, sondern höchsten um zwanzig oder dreißig Euro, schlage ich irgendwann zu. Dafür ernte ich dann mitleidige Blicke nicht nur von meiner Frau, sondern auch von den hunderten Menschen um mich, die meine Verhandlungen mit dem Strandverkäufer aus ihren Strandliegen heraus und hinter ihren Sonnenbrillen genau verfolgen. Sie glauben, ich bemerke das nicht. Aber ich kann aus ihren Gesichtern lesen, dass sie mich schonungslos in die Kategorie „wieder so ein armer Narr“ einreihen. Und stolz darauf sind, dem Kerl aus Pakstan mit seinem unechten Schmuck nicht auf dem Leim gegangen zu sein.
Die zwei Armbänder, die ich kürzlich am Strand von Marina di Campo in Elba gekauft habe, sind auch nach 14 Tage noch wie neu. Obwohl ich sie Tag und Nacht trage. Vielleicht habe ich ja diesmal vom Strandverkäufer aus Pakistan wirklich Armbänder aus Edelstahl und mit echten Achaten bekommen. Dann wären 40 Euro tatsächlich ein unglaubliches Schnäppchen …
Rupert Lenzenweger

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