Der Restaurator hoch über dem Meer

„Salzburg? Du kommst wirklich aus Salzburg?“, fragte mich Mario Salvi ganz verwundert. Ohne eine Antwort abzuwarten erzählte er weiter, dass er vor wenigen Monaten einen Kunden aus Salzburg hatte. „Zunächst wollte er, dass ich ihm eine alte Türe restauriere. Dann sind zwei daraus geworden und schließlich habe ich sechs alte Türen restauriert. Und noch zwei Truhen und zwei Schränke“, lacht Mario und verrät: „Das war der beste Auftrag in den vergangenen Jahren.“

Mario Salvi ist Restaurator und seine Werkstatt befindet sich am Ortsrand von Capoliveri. Der Ort gilt als die schönste Stadt auf der Insel Elba und liegt auf der Halbinsel Calamita mit herrlichem Blick auf das Meer.

Wir kommen zufällig vorbei an der Werkstatt, vor der alte Möbel stehen. Auch ein Vespa-Roller scheint auf seine Restaurierung zu warten. Als ich das Moped näher in Augenschein nehme, bittet mich Mario in seine Werkstatt. Die ist gerammelt voll mit Werkzeugen aller Art. Sessel und Bänke stapeln sich neben Tischen, Schränken und Regalen. Mario zeigt mir ein völlig zerstörtes Gestell, von dem ich vermute, dass es einmal ein Liegestuhl gewesen sein könnte. „Das kommt aus Österreich“, sucht er alle Brocken seiner Deutschkenntnisse zusammen: „Die Stühle da oben auch. Echte Thonet.“ Das sind aber längst nicht alle Raritäten, die Mario um sich scharrt. Im Nebenraum finden sich russische Ikonen, Heiligenfiguren von einem Altar in Frankreich und das Stück einer Kirchenkanzel, von der er gerade das Geländer restauriert.

Wenn er mit dem Kanzelgeländer fertig ist, muss er ein altes Röhrenradio wieder zum Laufen bringen. Er hat es einer guten Bekannten versprochen. Dann wartet ein Bauernkasten aus dem 18. Jahrhundert auf seine geschickten Hände und ein Tisch braucht ein neues viertes Bein, das vor wenigen Jahren dem Holzwurm zum Opfer gefallen ist. Dazu muss aber Mario erst einmal die Drechselbank nach vorne holen. Weil die steht momentan hinter der Bandsäge, der Fräse, dem Schweißgerät und der großen Hobelbank, in die das Geländer der Kirchenkanzel eingespannt ist. „Naja, und vielleicht braucht mein Kunde aus Salzburg überraschend auch noch etwas. Weil der renoviert derzeit ein altes Haus. Und frage nicht, was da für Sachen auftauchen können“, lacht der Restaurator.

Und wann will er die alte Vespa vor dem Haus renovieren, will ich wissen. „Wieso soll ich die renovieren? Die habe ich seit meiner Jugend und ich fahre nach wie vor jeden Tag damit. Die funktioniert bestens, da brauche ich nichts zu machen.“

Als ich Mario nach einer Visitenkarte frage, versteht er mich zunächst nicht. Aber dann: „Fotografiere doch einfach mein Geschäft von draußen, dann weißt du alles, was du wissen musst, falls du mich einmal brauchen solltest. So wie der andere Salzburger …“

Rupert Lenzenweger

Kreatives Chaos oder: wo geschickte Hände werken, ist immer alles auf seinem richtigen Platz. Alle Bilder: Rule
Geht nicht, gibt´s nicht. Bei Restaurator Mario Salvi auf Elba stimmt dieses Sprichwort wörtlich. Bild: Bernadette Lenzenweger
Wozu eine Visitenkarte, wenn ein Bild vom Geschäft reicht?