
Die Mondlandschaft auf der Insel des Feuers und Eisens
Sind wir hier auf dem Mond gelandet? Natürlich ist diese Frage völlig abwegig. Und trotzdem stellt du sie dir irgenwann während des Spaziergangs in den Bergen hoch über dem Ort Rio Marina ganz im Nordosten der Insel Elba. Denn im Meer der Ruhe auf dem Mond, wo seit 56 Jahren die Landeinheit der Raumfähre Eagle steht, aus der am 20. Juli 1969 Neil Armstrong als erster Mensch auf den Mond geklettert ist, könnte es genauso aussehen. Krater, riesige Felsformationen und große Steinbrocken soweit das Auge reicht.
Oberhalb von Rio Marina ist diese bizarre Landschaft allerdings von Menschen gemacht. Vor mehr als 2.500 Jahren haben fleißige Bergleute damit begonnen, den Berg auf der Suche nach Eisenerz Schicht um Schicht abgetragen. Dabei sind Plateaus entstanden. Es bildeten sich Krater und durch die Spengungen wurden riesige Gesteinsbrocken durch die Luft geschleudert. Bis 1980 wurde der Bergbau betrieben, dann war Schluß und niemand fand es der Mühe wert, die alten Anlagen abzutragen oder die Maschinen abzuziehen. Und so rosten die Loks der Transportbahnen, Bagger und sonstiges Gerät noch heute an Ort und Stelle vor sich hin. Besonders impossant präsentiert sich die inzwischen völlig verrostete Verladestation am Meer (Bild oben). Sie diente dazu, die Steinbrocken auf Schiffe zu verladen, die das Material dann zu den großen Schmelzöfen auf dem italienischen Festland aber auch in Portoferreio brachten.
Schon die Etrukser wußten 200 Jahre vor Christi die Bodenschätze Elbas zu schätzen und Forscher haben inzwischen Überreste von mehr als 100 Schmelzöfen aus der damaligen Zeit gefunden. Als alle Wälder abgeholzt und damit der Brennstoff für die Eisenerzverhüttung erschöpft war, brachten sie das Gestein zur Weiterverabeitung an die toskanische Küste. Dieser Raubbau hat seine Spuren hinterlassen und so nannten die griechischen Seefahrer Elba „Aethalia“, was die „Rußige“ heißt.
Als 1897 in Italien die Idee zur Errichtung einer modernen Stahlindustrie geboren wurde, spielte Elba erneut eine große Rolle. Denn nirgendwo sonst gab es so viele und so leicht abbaubare Rostoffe wie hier. Es waren vorallem Magnetit, Hämatit, Limonit, Sidernit und Pyrit die von den Bergleuten an den Tag befördert wurden.
Auch im zweiten Weltkrieg spielte die Eisen- und Stahlproduktionen ein große Rolle und so wurde vor allem Portoferraio immer wieder Ziel massiver Bombenabwürfe durch amerikanische und englische Flugzeuge.
Wenige Jahre nach dem Krieg begann der Niedergang des Bergbaus. Die Konkurrenz wurde weltweit größer, die Bergleute waren mit den Bedingungen nicht mehr und streikten immer öfter. Dazu erwachte der Tourimus und begann auch auf der Insel Elba als zartes Pflänzchen zu blühen. 1981 schließlich wurde mit der Galleria del Ginevro die letzte Mine geschlossen und die Produktion eingestellt.
Heute sind die Überreste dieser Jahrtausende alten Industriesparte eine Touristenattraktion. Im „Parco Minerario Isola d´Elba“ und dem „Parco Minerario Calamita“ gibt es Museen und Führungen durch die historischen Bergbaustätten auf der Insel des Eisens und Feuers, die Elba vor 50 Jahren noch war.
Rupert Lenzenweger




