Hochprozentiges aus Obst

In den nächsten Wochen wird wieder Hochprozentiges gebrannt. Wir schauten Franz Loibichler beim Schnapsbrennen über die Schulter.
Die Äpfel und Birnen sind bereits eingemaischt. In großen Fässern gärt das Obst kleingehackt vor sich hin. Franz nimmt den Deckel ab: „Rieche einmal“. Es riecht intensiv nach Obst und die Maische ist ganz zähflüssig. „Eigentlich könnte ich schon mit dem Schnapsbrennen beginnen“, plaudert Franz weiter. Aber noch hat er nicht Zeit dafür. Am Hof gibt es in diesen Tagen noch zu viele andere Arbeiten. Und zum Schnapsbrennen, da muss er Zeit haben, der „Fuchs in Stock“, in Sommerholz, hoch über dem Irrsee mit einem herrlichen Blick ins Mondseeland bis hinein ins Dachsteinmassiv.
Schnapsbrennen, das ist die große Leidenschaft des Franz Loibichler. „Die einen gehen jagern, ich verbringe meine Freizeit lieber beim Schnapskessel. Das ist halt mein Hobby“, lacht der Franz und freut sich schon auf den Dezember. Da hat er Zeit zum Schnapsbrennen und verbringt viele Tage in der Scheune vor dem großen Kessel. Oft zum Leidwesen seiner Frau Kathi, weil: „Wenn der Franz beim Schnapsbrennen ist, brauchst mit dem Essen nicht auf ihn zu warten.“ Kein Wunder. Der Kessel bedarf ständiger Beobachtung. Nur dann bekommst auch einen Schnaps der Extraklasse. Die Temperatur muss stimmen. Die Maische sowieso, eh klar. Du musst auf den Vorlauf aufpassen, aber auch auf den Nachlauf. Dazu musst immer den Gradmesser im Auge haben und zwischendurch musst auch wieder Holz ins Feuer schieben. Dazwischen müssen die schweren Fässer mit der Maische geschleppt und der Arbeitsplatz gereinigt werden. Auch wenn´s für den Franz ein Hobby ist. Tatsächlich ist Schnapsbrennen eine harte Arbeit.
Bei den Loibichlers wird seit mehr als 70 Jahren Schnaps gebrannt. Das beweist auch die alte Gerätebeschreibung aus dem Jahr 1948, die der Franz noch immer hat. Darin ist genau die Größe des Kessels festgehalten, mit dem sein Opa mit dem Schnapsbrennen begonnen hat. Der Kessel hatte einen Durchmesser von 44 und eine Gesamttiefe von 60 Zentimeter.
Seit zwanzig Jahren hat der Franz einen neuen Kessel. Ein bisserl größer als der vom Opa. Aber gebrannt wird noch immer mit dem Wissen, das der Opa an den Enkel weitergeben hat. Weil für den Opa gab´s im Winter auch keine schönere Arbeit als das Schnapsbrennen. Und der Opa hat dem vor 50 Jahren noch kleinen Franz so manchen wichtigen Tipp mitgegeben. Zum Beispiel: „Wennst rauschig bist, hör´ sofort auf zum Schnapsbrennen. Denn da machst mehr kaputt als du weiterbringst.“ Und damit wären wir auch schon bei dem Gerücht, dass die Schnapsbrenner oft rauschig werden bei ihrer Arbeit. So wie die Weinbauern im Keller. Was ist da dran? Dass ihm das nicht passiert, brennt der Franz nur bei offener Scheunentür. Für den Franz die Garantie dass er nüchtern bleibt, für die Nachbar der sichere Hinweis, dass beim „Fuchs in Stock“ der Gärkessel auf Hochtouren läuft. Und so bekommt der Franz regelmäßig Besuch von seinen Nachbarn, für die er hin und wieder auch Schnaps brennt.
Vor allem aber wird beim Loibichler Obst aus dem eigenen Garten verarbeitet. Dabei legt Franz auf Sortenreinheit großen Wert. Da die Birnen. Dort die Äpfel. Gemischt wird nix. Aus 1.000 Kilo Maische werden rund 55 Liter Schnaps. Manchmal ein bisserl weniger, dann wieder ein bisserl mehr. Je nach Zuckergehalt der Früchte. „Das heurige Obstjahr ist Durchschnitt“, sagt der Franz. Nicht vergleichbar mit dem Vorjahr. So gute Früchte wie 2018 gibt’s so schnell nicht wieder.
Genießbar ist der Schnaps nur dann, wenn er zwischen 38 und 42 % Alkohol hat. Bis es so weit ist, kommen zunächst eineinhalb Liter Vorlauf. Und danach gibt’s noch den Nachlauf. Beides nicht zu gebrauchen. Obwohl, den Nachlauf kannst in die Autoscheibenwaschanlage geben. Damit friert im Winter nix ein und die Scheibe macht er auch sauberer als jedes andere Mittel. Diesen Tipp hat der Franz ausnahmsweise nicht von seinem Opa, sondern von einem Pater aus dem Stift Reichersberg. Die Augustiner Chorherrn dort sind auch begnadete Schnapsbrenner. Und Sparmeister. Deshalb sind sie auch auf die Idee gekommen, mit dem Nachbrand in der Autoscheibenwaschanlage. Inzwischen wissen das auch die Polizisten in der Region und schöpfen kaum mehr Verdacht, wenn ein Auto aus dem Fuhrpark des Stiftes intensiv nach Alkohol riecht. „Aber in den ersten Jahren haben wir schon ein paar Mal blasen müssen“, hat ein Mönch dem Loibichler Franz lachend verraten.
Schnaps wird in der ganzen Welt hergestellt und so lässt sich auch beim besten Willen nicht feststellen, wann und wo genau das erste Schnapserl der Weltgeschichte gebrannt wurde. Aber es war ganz sicher nicht im Mondseeland, sondern wahrscheinlich eher in Alexandria wo nachweislich während der römischen Kaiserzeit die Alchemisten in diese Richtung experimentierten. Allerdings dachten die zunächst nicht daran, den Schnaps zu trinken. Sie betrachteten den Branntwein vielmehr als ein medizinisches Allheilmittel, vordringlich zum Einreiben.
Die Anwendung hat sich grundlegend geändert, wohl aber nicht die Überzeugung, dass der Schnaps durchaus auch Medizin sein kann. Und es soll Leute geben, die schwören darauf, dass ein Stamperl Schnaps jeden Morgen auf nüchternen Magen die beste Voraussetzung für ein langes und gesundes Leben ist.