
Wenn Künstler mit Sand „spielen“
Wenn ich jetzt sage, dass es Grönlands Geschichte irgendwo in Eis gemeißelt gibt, verwundert das nicht und klingt für jeden glaubhaft. Dass Grönlands Geschichte aber auch in Sand geschrieben steht, ist schon recht verwunderlich.
Und doch ist es so. In Sondervigs an der dänischen Westküste steht beim 22. internationalen Sandskulpturen-Festival Grönlands Geschichte im Mittelpunkt. Geschrieben von 33 internationalen Sandkünstlern, dargestellt in zehn eigenständigen Skulpturen und auf einer 200 Meter langen und sieben Meter hohen Skulpturenwand.
Von der Eiszeit bis zur Gegenwart. Von den ersten Inuit-Siedlungen über die Meeresgöttin Sedna bis zu den ersten Arktis-Expeditionen, bei denen viele wagemutige Forscher ihre Leben lassen mussten. Von den Walfängern bis zur Unabhängigkeit Grönlands. Es gibt praktische kein Kapitel in der Geschichte Grönlands, das die Künstler nicht in ihren Sandskulpturen festgehalten hätten und damit die Besucher in eine unglaubliche und magische Welt aus Sand schicken. Und gleichzeitig die Frage aufwerfen: Sind diese Kunstwerke wirklich nur aus Sand?
Die Antwort ist kurz und heißt: „ja“. Trotzdem gibt es ein aber: Der Sand muss die optimale Körnung und den richtigen Tongehalt haben. Zwischen Schalwänden wird er fest gestampft und mit viel Wasser zu harten Blöcken geformt. Dann beginnt die Arbeit der Künstler. Die obersten Schaltafeln werden entfernt und die Skulptur wird von oben nach unten geschaffen. Das Schwierige daran ist, immer die richtigen Proportionen zu finden. Eine vier Meter hohe Skulptur entsteht so in etwa 60 Stunden, herausgearbeitet aus 25 Tonnen Sand.
Das Sandskulpturenfestival in Sondervig gehört inzwischen zu den besten derartigen Ausstellungen weltweit und zieht jährlich 120.000 Besucher aus aller Herren Länder an. Es ist noch bis zum 2. November geöffnet.
Rupert Lenzenweger


