
Wo das Sandmännchen wohnt
Am 22. November 1959 hatte „das Sandmännchen“ seinen ersten Auftritt auf ostdeutschen Bildschirmen. Die Fernsehansagerin Käthe Zille hatte die Premiere am Vorabend angekündigt: „Um 18.55 Uhr kommt unser Sandmännchen und wird den kleinen Zuschauern Gute Nacht sagen.“
Seither hat sich viel getan. Die DDR ist seit 1989 wieder mit der Bundesrepublik zu einem Deutschland vereint. Das heißt aber noch lange nicht, dass alle Brüche gekittet sind. Nachwiegen sprechen die von „herüben“ über die von „drüben“ und nennen sie Ossis.
Nur das Sandmännchen hat das nicht berührt. Das lieben auch die Kinder aus Westdeutschland und lassen sich vom kleinen Mann mit der Zipfelmütze gerne ins Bett schicken. Weil den Sandmann gibt es noch immer und er ist damit die ältestes Serie, die es auf deutschsprachigen Fernsehsendern gibt.
Das ist auch im „N´ostalgie Museum“ in Leipzig nicht zu übersehen, wo man es sich zur Aufgabe gemacht hat, den früheren DDR-Alltag so echt wie möglich darzustellen.
Die Zeitreise im Museum im altehrwürdigen „Steibs Hof“ beginnt gleich mit einigen Fragen, die für keinen Westdeutschen und schon gar nicht für einen Österreich leicht zu beantworten sind: Wo ist das Tal der Ahnungslosen? Wer sind die Wald- und Wiesenbeatles und was ist eine Bückware?
Inmitten der 30.000 „ostalgischen“ Exponaten finden sich die Antworten vielleicht, denn ein Charme des Museums liegt darin, dass bewusst auf der Arrangement der Exponate mit Hinweis- oder Erläuterungstexten verzichtet wurde. Du stolperst also hinein, in ein buntes Sammelsurium längst vergangener Zeiten. Du nimmst Platz im DDR-Wohnzimmer der 60er Jahre, bewunderst die Simson-Mopeds und bestaunst die AKA electronic, die in der DDR angeblich Kult war und den Hausfrauen als „kleine flotte Biene unter den Teppichkehrmaschinen“ ans Herz gelegt wurde.
Das Skurrile endet auch im Museumsshop nicht. Dort gibt’s „Russenbrot“ aus der Dose. In Gläser eingelegte Soleier und „das Kapital“ von Karl Marx nicht als Buch, sondern als Radiergummi. Gewissermaßen eine Ideologie zum Ausradieren…
Rupert Lenzenweger
www.nostalgiemuseum-leipzig.de



