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Meinungen
Jänner 2018
Auch heuer ist der Kaffeesud
in unserer Redaktion in den
vergangenen Wochen nicht auf
den Komposthaufen gewan-
dert. Wir haben die Kaffeereste
gesammelt, um in den letzten
Tagen des Jahres daraus die
Zukunft zu lesen. Was wir so
alles erfahren konnten, will
ich Ihnen nicht vorenthalten.
Deshalb so wie alle Jahre:
Lesen Sie, welche Über-
raschungen 2018 für uns
bereit hält.
J
änner.
Erst ganz kurz
angelobt und jetzt
schon die erste Regie-
rungskrise: Es ist die Frage,
ob Mitglieder der türkis-blau-
en Regierung auch rote oder
grüne Socken tragen dürfen,
die zu heftigen Auseinander-
setzungen führt. Sebastian
Kurz ist strikt für so ein Verbot
und möchte auch die FPÖ
darauf einschwören. Aber H.
C. Strache ziert sich. Auch der
Hinweis von Kurz, dass man
der FPÖ bei der Lockerung
des Rauchverbotes extrem
weit entgegen gekommen sei,
weicht die verhärteten Fronten
nicht auf.
F
ebruar.
In Utzweih wollen
einige Modellflieger einen
kleinen Flugplatz und eine
Vereinshütte errichten. Die
Größen in den beiliegenden
Plänen sind in Millimeter
angegeben. So soll die Start-
und Landebahn 3300000
Millimeter lang werden. Das
Clubhaus ist mit 178000 Milli-
meter eingezeichnet und eine
Zuschauertribüne soll 45000
Millimeter hoch werden. Stut-
zig werden die Politiker, als
ausgerechnet der Diskonter
Hofer Einspruch gegen diesen
Bau erhebt. Der Lebensmit-
telmarkt fürchtet um seinen
17000 Millimeter hohen Turm,
nachdem Kassiererinnen der
Straßwalchner Hofer-Filiale
beim Nachrechnen der Pläne
zu dem Ergebnis gekommen
sind, dass auf einem Modell-
flughafen dieser Größe auch
ein Jumbo landen könnte.
M
ärz.
Verärgerung in
Mondsee. Nachdem
erst vor wenigen Wochen das
Land aus Spargründen die ur-
sprünglich für 2020 geplante
Landesausstellung über die
Pfahlbauten auf 2027 verscho-
ben hat, wird die Ausstellung
Anfang März komplett abge-
sagt. Jetzt werden in Mondsee
Alternativen gesucht. So sollen
bereits ab dem Sommer 2018
auf dem Mondsee Rundfahrten
mit jenem Einbaum angeboten
werden, der im Vorjahr nach
zehn Jahren unter Wasser ge-
hoben wurde. Die Suche nach
entsprechenden „Kapitänen“
läuft.
A
pril.
Salzburg wählt und
beschert den Grünen ei-
nen herben Verlust. Sie fallen
nicht nur aus der Regierung,
sondern schneiden auch
schlechter ab, als die neue
Partei „Tempo“, die sich erst
wenige Wochen vor der Wahl
gegründet hat und deren
Parteiprogramm nur einen
einzigen Punkt umfasst: Tem-
polimit 160 Stundenkilometer
auf der Stadtautobahn bei
einer Mindestgeschwindigkeit
von 120 Stundenkilometer.
Die somit nutzlos geworde-
nen 80er-Schilder werden an
Flachgauer Bürgermeister
verschenkt. Die können da-
mit in Seniorenheimen bei
entsprechend runden Geburts-
tagen ein originelles Geschenk
überreichen.
M
ai.
Seekirchen und Straß-
walchen blicken nach wie
vor neidvoll nach Neumarkt,
weil dort der Railjet stehen
bleibt und die Neumarkter mit
dem Slogan „von Neumarkt
nach New York über den Um-
weg Wien“ für ihren Bahnhof
werben. In Straßwalchen
wird ernsthaft überlegt, den
Modellflugplatz vielleicht
doch zu genehmigen und für
Jumbo-Jets auszubauen. In
Seekirchen tauchen die Pläne
auf, den Stadthafen bei der
Fischachbrücke hochseetaug-
lich zu machen. Wie allerdings
die Kreuzfahrtschiffe in das
Seekirchner Stadtzentrum
kommen sollen, bleibt das gan-
ze Jahr über unbeantwortet.
J
uni.
In Oberndorf begin-
nen die vorweihnachtlichen
Feiern zu „200 Jahre Stille
Nacht, Heilige Nacht“. Sty-
roporkügelchen machen die
Landschaft winterweiß, auf
der Salzach wird wieder mit
Salz gehandelt und es werden
kleine Anstecknadeln verkauft,
die genau jene Form haben,
wie einst die Gitarre, auf der
Joseph Mohr zu Weihnachten
1818 erstmals das inzwischen
weltbekannte Weihnachtslied
klimperte.
J
uli.
Nach einem Motorscha-
den wird der schwimmende
Bus in der Landeshauptstadt
auf der Salzach abgetrieben.
Erst in Tittmoning gelingt es
Fischern den Bus mit einem
dicken Tau an einem Baum am
Ufer anzubinden. Und weil im
Bus japanische Touristen sit-
zen, gibt es ab diesem Moment
eine lückenlose Fotodoku-
mentation von beiden Seiten
des Salzachufers. Die Japa-
ner wundern sich mit einem
Blick auf die Burg Tittmoning
auch darüber, wie anders die
Salzburger Festung plötzlich
aussieht.
A
ugust.
Die Post nützt das
Sommerloch und die da-
mit urlaubsmässig bedingte
Abwesenheit vieler Menschen
und stellt die Briefzustellung
von zweitägig auf einmal
wöchentlich um. Gleichzeitig
werden die Tarife um 10 Pro-
zent erhöht, um auch künftig
die „hohe Servicequalität trotz
allgemeiner Kostensteigerung
aufrecht erhalten zu können,“
wie die Post in einem Rund-
schreiben an alle Flachgauer
mitteilt.
S
eptember.
Über dem Ober-
trumersee stürzt bei einem
Probeflug eine Drohe von
Amazon ab und verschwindet
auf nimmerwiedersehen in den
Fluten. Bei Amazon spricht
man von einem technischen
Defekt und spielt die Ange-
legenheit herunter. Hinter
vorgehaltener Hand wird aber
gemunkelt, dass Kaufleute
aus den Trumer Seenland
dahinter stecken. Angeblich
bezahlen sie Jägern Prämien
für derartige Jagdab-
schüsse. Außerdem:
Sollte ein Jagdhund
einmal zufällig so eine
abgeschossene Drohne
aufspüren, darf sie
der Waidmann als Trophäe
behalten.
O
ktober.
Der Bauern-
herbst zieht ins Land
und die Neumarkter Old-
timerfreunde überraschen
an den Ortseinfahrten mit
riesigen Kreuzfahrtschiffen
aus Holz. Die sollen dann
wieder traditionell bei der
Wintersonnwendfeier im Park
des Schlosses Sighartstein
verbrannt werden. Die da-
bei entstehende Wärme wird
Sighartstein, Wertheim und
Pfongau mitten im Winter drei
Tage lang in ein Tropenpara-
dies mit Temperaturen über 40
Grad verwandeln.
N
ovember.
Niki Lauda
kämpft nach wie vor
um die Wiederauferstehung
seiner Fluglinie und möchte
seine Flieger dann gerne am
Straßwalchner Flughafen
stationieren, dessen Bau die
Gemeindevertretung nach Um-
rechnung der Pläne in Meter
beschlossen hat. Daraufhin
setzt sich Neumarkts Bürger-
meister Adi Rieger dafür ein,
dass der Railjet sofort auch am
Bahnhof Straßwalchen stehen
bleibt. Getreu dem Motto:
„Von Neumarkt direkt nach
Abu Dabi über Straßwalchen.“
D
ezember.
In der Zei-
tung DOPPELPUNKT
erscheint auf Seite 2 eine
ganzseitige Entschuldigung,
weil praktisch nichts von dem
eingetreten ist, was in der
Jänner-Ausgabe großartig
vorhergesagt wurde. Die
Redaktion bittet höflich um
Verzeihung, mit dem aus-
drücklichen Hinweis, solche
Vorschauen nicht mehr allzu
ernst zu nehmen. Weil: Der
Kaffeesud ist im digitalen
Zeitalter auch nicht mehr das,
was er früher einmal war.
Von Neumarkt nach Abu Dabi
über Straßwalchen