Mit dem Fahrrad quer durch Europa

Ich würde jetzt gerne einmal Ihrer Fantasie auf die Sprünge helfen und Sie bitten, sich einen Mann vorzustellen, der schon einmal mit dem Fahrrad um die Welt geradelt ist und so zum Locker werden für die neue Radsaison mit seiner Frau von Rom nach Amsterdam radelt. Sehen Sie, genauso schaut Jan aus.

Wir treffen den drahtigen Holländer am Campingplatz von Rouffach. Das ist ein kleiner Ort, direkt an der Elsässer Weinstraße. Wir sind mit dem Wohnmobil von Straßbourg gekommen. Haben uns dabei durch enge Gassen und steile Serpentinen gekämpft und in vier Stunden nicht mehr als 140 Kilometer geschafft.

Jan und seine Frau Hilde sind von Basel gekommen. 70 Kilometer auf den Fahrrädern. Vollgepackt mit beinahe unzähligen Taschen. Dazu noch Zelt und Schlafsäcke.

Der Aufbau des kleinen Zeltes geht fast schneller, als bei uns das Aufstellen der Klappstühle, des Tisches und das Ausrollen der Markise. Fast gleichzeitig zischen nach getaner Arbeit die Biere, wir vier prosten uns zu und Jan beginnt zu erzählen.

Jan: „70 Kilometer sind wir heute gefahren. Es war eine schöne Tour. Es war jetzt aber gar nicht so leicht einen Campingplatz zu finden, auf dem wir unser Zelt aufstellen können. Diese Plätze werden immer weniger. Die meisten Betreiber wollen nur mehr Wohnmobile und Wohnwägen.“

Seit wie vielen Jahren machen Sie so Radtouren?

Jan: „Seit ich denken kann. Ich bin immer mit den Rad gefahren. Meine Frau auch. Wir haben zwar ein Auto, benützen es aber kaum. Wir fahren fast alles mit dem Fahrrad. Auch im Alltag. Und wenn ich meine Tochter besuche, die rund 200 Kilometer von uns entfernt wohnt, fahre ich auch mit dem Rad. Da muss ich halt ein bisserl früher aufstehen als sonst.“

Wo waren Sie schon überall?

Jan: „Wollen Sie das wirklich wissen? Ich waren praktisch schon überall in Europa. Viele Radtouren bin ich mit meinen Sohn gefahren, die meisten aber mit meiner Frau. Am besten gefällt uns Spanien. Das muss ich jetzt ganz ehrlich sagen. Spanien ist ein Land der unendlichen Freiheit. Fast ein bisserl so grenzenlos wie Afrika.“

In Afrika waren Sie auch schon?

Jan: „Schon öfter, ja. Das ist auch jedes Mal in Erlebnis. Vor allem braucht eine Tour durch Afrika eine gute Vorbereitung. Das beginnt schon beim Transport der Räder und hört bei der Lebensmittelbeschaffung auf. Aber Touren außerhalb Europa will ich jetzt keine mehr machen. Europa ist so groß und geschichtsträchtig.“

Sie fahren aber nicht immer von zu Hause weg?

Jan: „Nein. Oft suchen wir uns ein Ziel aus und von dem fahren wir nach Hause. So wie jetzt Rom. Wir fahren dann mit dem Zug und den Rädern hin. Früher sind wir auch geflogen, aber das machen wir nicht mehr. Denn nach den Flügen kommen die Räder immer defekt an. Die werden ganz lieblos in den Flieger geschmissen. Irgendetwas ist dann immer verbogen oder gebrochen.“

Und sie kommen immer an ihr Ziel?

Jan: „Eigentlich schon. Zur Navigation habe ich eine App am Handy und Tablett und entsprechende Radkarten. Das funktioniert ganz gut. Aber natürlich haben wir uns auch schon manchmal verfahren. Aber letztendlich nicht wie geplant am Ziel angekommen bin ich erst zwei Mal. Das war bei einer Fahrt über das Timmelsjoch mit meinem Sohn. Da hat es im Sommer plötzlich so geschneit, dass wir nicht mehr weiter gekommen sind. Und einmal wollte ich mit meiner Frau der Donau entlang ans schwarze Meer. Aber in Rumänien waren die Autofahrer wo rücksichtslos, dass wir die Fahrt wahrscheinlich nicht überlebt hätten. Wir haben dann zu unserer eigenen Sicherheit umgekehrt.“

Wann werden Sie diesmal in Amsterdam sein?

Jan: „Wir sind beide in Pension, also spielt Zeit nicht mehr wirklich eine Rolle. Aber in zwei oder drei Wochen werden wir daheim sein.“

Gibt´s schon Pläne für nächste Touren?

Jan: „Oh ja, die gibt es. Nächstes Jahr werde ich 70 Jahre alt. Dann möchten ich mit meiner Frau nach Brindisi fahren, mit der Fähre nach Albanien übersetzen und dann quer durch Griechenland und die Türkei nach Istanbul radeln. Das ist ein uralter Handelsweg, den wir uns ansehen möchten.“

Und das Timmeljoch?

Jan: „Muss ich auch noch bezwingen, und den Großglockner auch.“

Rupert Lenzenweger

Jan hat auch einen Blog: https://eerstromeziendanfietsen.blogspot.com/