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Von

Christina

BURDA

Juli

in bisschen Weh-

mut und Bitter-

nis schwingt mit,

bei der Feststel-

lung, „irgendwann ist nie“, die

die groß gewachsene, hübsche

Frau in den Vierzigern im Lauf

des Gesprächs trifft. Ich spre-

che mit M., sie möchte mit

Rücksicht auf ihre Familie an-

onym bleiben, nicht jeder geht

mit Krankheiten wie ihrer sorg-

sam um.

M. hat Multiple Sklerose,

vermutlich schon viele, viele

Jahre, die Diagnose vor zwei

Jahren war schließlich fast eine

„Erleichterung“. „Endlich hat

es einen Namen, was mir fehlt,

warum es mir nicht gut geht“,

erzählt M. von ihrem neuen

Alltag. Das Taubheitsgefühl

im linken Arm, im linken Bein,

die Sehstörungen, vieles wurde

einem Bandscheibenvorfall zu-

geschrieben, nach der kompli-

zierten Operation hieß es, die

Erholungsphase dauere eben

seine Zeit. Bis neuerlich ein

Neurologe zugezogen wurde,

der ausspricht, was Sache ist.

„Zuerst war es ein furchtbarer

Schock. Bis zu diesem Tag ha-

be ich meinen Kindern immer

wieder gesagt, irgendwann

gehen wir wieder gemeinsam

Schifahren, wenn ich mich von

der Operation erholt habe. Ich

habe auf die Eisenau rauf ge-

schaut und gesagt, irgendwann

gehe ich dort wieder hinauf.

Aber für vieles wird es wo-

möglich eben kein irgendwann

geben.“

Narben auf den

Nervenbahnen stören

die Kommunikation

im Körper

Multiple Sklerose ist eine

Erkrankung, die die Nerven-

bahnen betrifft, gewisserma-

ßen „Masern“ auf den Ner-

venbahnen. Zurück bleiben

Narben auf diesen hochsensib-

len Nervenbahnen im Gehirn

oder im Rückenmark, die die

Kommunikation des Körpers

mit dem Gehirn stören. Taub-

heitsgefühl, Sprachstörungen,

Lähmungen, alles sind mög-

liche Folgen. Heilung gibt es

bislang keine, die Therapie mit

sehr starken Medikamenten

wie Interferon oder Kortison

kann nur helfen.

M. stellt sich ihrer Krankheit

sehr aktiv. Sie geht imwahrsten

Sinne neue Wege auch für sich

selbst. Therapeutische Kran-

kenhausaufenthalte, bei denen

die Symptome ihrer Krankheit

behandelt und betreut werden,

bieten in Bad Ischl MS-Patien-

ten aus ganz Österreich auch

die Möglichkeit, einander zu

begegnen, das harte Schicksal

zu verarbeiten. Hier wird ganz

Erstaunliches auch im Ehren-

amt geleistet: beispielsweise

Julius, der die MS-Patienten

im Krankenhaus Bad Ischl

mit seiner „Sing- und Spiel-

gruppe“ besucht. Von Montag

bis Donnerstag bringt er einen

Schwung Instrumente und No-

ten und dann wird gemeinsam

musiziert.

„Das Gitarrespielen habe ich

mir mitgenommen“, erzählt M.

„wenn es mir nicht gut geht,

dann greife ich zur Gitarre und

singe los.“

Auch die Fotografie hat sie

für sich entdeckt und nimmt

auf, was ihr auf ihren Wegen

täglich begegnet. „Ich zwin-

ge mich manchmal wirklich,

meine kleine Runde zu drehen,

Bewegung ist einfach wichtig

NACHGEHAKT

„Irgendwann

ist nie“

Mitglieder der Selbsthilfegruppe

in Bad Ischl beim Malen und Mu-

sizieren.

E