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REPORTAGE

Immer ins Schwarze

getroffen: Johann

Nußdorfer kehrte von

den Landes- und Gau-

meisterschaften der

Luftgewehrschützen

mit vier Medaillen und

drei Titeln heim.

Scharf-

Schütze

K

eine Frage. Es

klingt abgedro-

schen,dasSprich-

wort vom Wein,

der immer besser

wird mit dem Alter. Und trotz-

dem. Wenn Johann Nußdorfer

aus Neumarkt von der jüngsten

Landes- und Gaumeisterschaf-

ten der Luftgewehrschützen er-

zählt, kommt einem das Sprich-

wort unweigerlich in den Sinn.

Denn Johann Nußdorfer ist mit

63 Jahren auf einem sportlichen

Höhenflug, holte sich heuer

zum zweiten Mal den Landes-

meistertitel und gewann ge-

wissermaßen im Drüberstreu-

en auch zweimal Gold bei den

Gaumeisterschaften und eine

Silbermedaille für den zweiten

Platz bei den Mannschaft-Lan-

desmeisterschaften.

Luftdruckgewehr. Da den-

ken die meisten zuerst an Ju-

gendsünden. Versteckt aus dem

Gebüsch heraus auf Vogerl

schießen, die du aber eh nie ge-

troffen hast, weil das geliehene

Gewehr ein verbogener Prügel

war. Oder später dann Kirtag

und erste Freundin. Darf ich dir

ein Roserl schießen? Aber bit-

te eins aus den unteren Reihen,

die sind nicht ganz so teuer.

Und wenn dann im dritten Ver-

such endlich das Röhrl geplatzt

ist und damit

auch dein Ta-

schengeld weg

war, bist dir

vorgekommen

wie der größte

Scharfschüt-

ze.

Wenn Johann

Nußdorfer zu

seinem Ge-

wehr greift,

dann hat das

recht

we-

nig mit den Geweh-

ren zu tun, die wir bisher in der

Hand gehabt haben. Das Ding

heißt nicht nur Feinwerkbau.

Es schaut auch so aus. Viele

Schrauben und Rasten erlau-

ben eine individuelle Einstel-

lung. Passgenau für jeden ein-

zelnen Schützen. Das ist Fein-

arbeit, die genau ausgeführt

werden muss und viel Geduld

erfordert. Geduld, das ist über-

haupt ein Schlüsselwort beim

Schießen. Nervöse Finger

kommen nie in die Nähe von

Medaillenrängen. Davon wis-

sen selbst erfahrene Schützen

ein Lied zu singen. „Es gibt Ta-

ge, da läuft es einfach nicht. Da

kommst nicht zur inneren Ru-

he, da übersiehst den richtigen

Augenblick zum Abdrücken

und es lässt immer wieder die

Konzentra-

tion nach“,

weiß auch

der frisch-

g e b a c k e n e

Landesmeis-

ter nur all zu

gut aus Erfah-

rung.

Vier Seri-

en zu jeweils

zehn Schüssen

müssen

bei

einem Wettbe-

werbabgegeben

werden. Die Zielscheiben sind

zehn Meter entfernt und der

Zehner hat einen Durchmesser

von einem halben Zentimeter.

Den musst praktisch mit allen

Schüssen treffen, wennst um

den Titel mitschießen willst.

Johann Nußdorfer darf als

Schütze in der Klasse Senioren

2A an einem Federbock sit-

zend schießen. Das musst Dir

jetzt so vorstellen: Das Gewehr

wird auf einer großen Feder

aufgelegt. Was auf den ersten

Blick wie eine Erleichterung

ausschaut, kann sich schnell

als Nachteil herausstellen.

Weil der Bock federt nach, re-

agiert auf jede Bewegung mit

einer Gegenbewegung. Dabei

das Ziel zu finden, ist wahrlich

nicht leicht.

Ab 70 Jahren dürfen die

Schützen dann von einem fes-

ten Bock weg schießen. Bis

60 Jahre muss im Stehen ge-

schossen werden. Und wieso

das Ganze? „Um den Schüt-

zen aller Altersgruppen eine

annähernd gleiche Chance zu

geben“, sagt Nußdorfer. Weil

Schießen ist ein Sport, der

über Generationen hinweg

gemeinsam betrieben werden

kann. Und so sind die jüngs-

ten Schützen beim Sportschüt-

zenverein Hallwang (für den

schießt Johann Nußdorfer) erst

im Volksschulalter, während

die ältesten Mannschaftskolle-

gen beinahe deren Urgroßväter

sein könnten.

Für die Luftgewehrschützen

ist mit den Landesmeister-

schaften die heurige Saison zu

Ende gegangen. Aber weil ros-

tet wer rastet, geht das Training

weiter. Mindestens einmal in

der Woche steht Nußdorfer

am Schießstand und gibt da-

bei rund 100 Schüsse ab. Wie

gut er auch im Training trifft,

wird penibel festgehalten. Weil

am Ende des Jahres wird dann

der Schützenkönig des Vereins

gekürt. Und Johann Nußdorfer

ist heuer ein heißer Favorit auf

diesen inoffiziellen Titel.

Rupert Lenzenweger

A

pril 2017